Männer Opfer von Gewalt in Beziehungen? Robert-Koch-Institut zeigt in Studie wenig Gendersensibilität – Kritik des Nationalen Netzwerks Frauen und Gesundheit wird ernst genommen
Männer massenhaft Opfer von Gewalt in Beziehungen! Dieser Befund ließ sich aus der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS1) des Robert-Koch-Instituts (RKI) herauslesen, die Ende Mai 2013 veröffentlicht wurde. „Frauen werden ihrem Partner gegenüber häufiger gewalttätig als Männer“, schrieb daraufhin DER SPIEGEL. Und in einem Beitrag von Deutschlandradio Kultur hieß es: „Frauen üben der Analyse zufolge ähnlich häufig körperliche Gewalt aus wie Männer.
Doch ganz so eindeutig ist die Sachlage nicht. Das Netzwerk Frauen und Gesundheit, in dem auch die DGVT-Fachgruppe „Frauen in der psychosozialen Versorgung“ aktiv mitarbeitet, hat eine fundierte Stellungnahme zu der RKI-Studie erarbeitet: Kritisch angemerkt wurde vor allem, dass Gewalt bzw. Partnergewalt nicht gendersensibel erfasst wurde. Die Studie sei demnach kein Erkenntnisgewinn in Bezug auf das komplexe Problem der Gewalt im Geschlechterverhältnis.
Das RKI reagierte prompt – und gab dem Netzwerk Frauen und Gesundheit Recht: In der Tat sei man nicht ausreichend gendersensibel vorgegangen, räumt die Leiterin des Fachgebiets Gesundheitsbefragungen und Europäische Zusammenarbeit, Dr. Cornelia Lange, ein. Der Beitrag „Körperliche und psychische Gewalterfahrungen in der deutschen Erwachsenenbevölkerung“ werde revidiert, und die Forscherinnen und Forscher, die auf diesem Gebiet arbeiten, werden um Unterstützung gebeten, „dieses wichtige Thema im Weiteren angemessen wissenschaftlich zu bearbeiten“.
Engagement lohnt sich!
Im Folgenden lesen Sie die Stellungnahme des Nationalen Netzwerks Frauen und Gesundheit und die Antwort des Robert-Koch-Instituts.
Die Studie „Körperliche und psychische Gewalterfahrungen in der deutschen Erwachsenenbevölkerung wurde im Bundesgesundheitsblatt 2013, S.755–764, veröffentlicht. Internet: www.degs-studie.de
Übrigens: Das Nationale Netzwerk Frauen und Gesundheit feiert im kommenden Jahr sein 20jähriges Bestehen. Am 3. Juli 2014 findet deshalb in Berlin eine Fachtagung zum Thema „Sexuelle Selbstbestimmung“ statt.
Angela Baer
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