Kein Vorrang von KJP vor PP mit KJP-Ergänzungsqualifikation


Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) und Psychologische Psychotherapeuten (PP) mit einer entsprechenden Zusatzqualifikation sind gleichermaßen qualifiziert für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG).

Im Zuge der sog. KJP-Mindestquote hatte der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen den Planungsbereich Psychotherapie Berlin für 81 weitere Zulassungen zur psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen entsperrt. Auf diese Sitze bewarben sich insgesamt 87 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, 30 Psychologische Psychotherapeuten und eine Fachärztin für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Es wurden durch den Zulassungsausschuss ausschließlich die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zur Versorgung zugelassen. Dagegen richtete sich die jeweilige Klage zweier Psychologischer Psychotherapeuten, die über eine Zusatzqualifikation (sog. Ergänzungsqualifikation) für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen verfügt.

Das BSG urteilte über zwei Aspekte:

Im Fall von „Massenzulassungen“ (der Zusammenfassung einer Vielzahl von positiven und negativen Auswahlentscheidungen in einem Bescheid) ist es aus Sicht des BSG verfahrensrechtlich zulässig, lediglich gegen die Zulassung einzelner Mitbewerber vorzugehen. Ein Vertragsarzt oder –psycho-therapeut müsse dann auch nur dafür das Verfahrens-Kostenrisiko tragen. Unter Versorgungsaspekten sei es ebenfalls sinnvoller, die Anfechtung einzelner Zulassungsentscheidungen zu ermöglichen, statt eine Anfechtung aller Entscheidungen zu verlangen, da dies ansonsten dazu führen könne, dass Versorgungslücken auf längere Zeit bestehen bleiben.

In der Sache war aus Sicht des BSG die Auswahlentscheidung des Berufungsausschuss fehlerhaft, weil dieser den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht generell den Vorrang vor Psychologischen Psychotherapeuten mit einer entsprechenden Zusatzausbildung einräumen durfte. Beide Gruppen von Leistungserbringern sind für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen gleichermaßen qualifiziert. Die Entscheidung von Zulassungs- und Berufungsausschuss, Psychologische Psychotherapeuten mit zusätzlicher Fachkunde (vgl. § 6 Abs. 4 Psychotherapie-Vereinbarung) de facto von einer Zulassung auszuschließen, sei ermessenfehlerhaft und rechtswidrig. Ein Psychologischer Psychotherapeut, der ausschließlich Kinder und Jugendliche betreue, sei nach § 101 Abs. 4 S. 5 SGB V für eine Deckung des Versorgungsbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie geeignet. Durch die im Gesetz gewählte Formulierung „betreuen“ werde verdeutlicht, dass es allein auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit ankomme, für deren Ausübung selbstverständlich eine entsprechende Qualifikation vorliegen müsse.

BSG, Urteile vom 15. Juli 2015; Az.: B 6 KA 29/14 R und - B 6 KA 32/14 R -

Kerstin Burgdorf


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