Zur Zulässigkeit einer zweiten Teilzulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag
Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof eine grundlegende Entscheidung zum Vertragszahnarztrecht getroffen, die allerdings in gleicher Weise auch auf Psychologische Psychotherapeuten / Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Anwendung findet. (BSG-Urteil vom 11.02.2015, B6 KA 11/14/R
Sachverhalt:
Ein Zahnarzt, der seit 1997 in A zugelassen war und dessen Zulassung seit 2009 auf die Hälfte beschränkt war, hatte Antrag auf Erteilung einer Teilzulassung für einen weiteren hälftigen Vertragszahnarztsitz in C gestellt. Hiergegen hatte die Kassenzahnärztliche Vereinigung zunächst Widerspruch eingelegt und nach dessen Zurückweisung Klage vor dem Sozialgericht erhoben. Die klagende Kassenzahnärztliche Vereinigung unterlag auch im Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht.
Leitsatz des Bundessozialgerichts
Einem Vertragszahnarzt, der seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt hat, kann eine zweite Teilzulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag erteilt werden.
Aus den Urteilsgründen
Das Bundessozialgericht ist der Auffassung, dass ein Vertrags(zahn)arzt, der die ihm bereits erteilte Zulassung gem. § 19a Abs. 2 der Ärzte/Zahnärzte-ZV auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränkt hat oder dem von vornherein nur eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag erteilt wurde, bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen im Übrigen einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer zweiten Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag hat.
Eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag lasse dem Vertrags(zahn)arzt schon rein zeitlich Raum für andere berufliche Betätigungen. Diese seien nicht auf eine Tätigkeit als angestellter (Zahn)Arzt oder auf beratende Tätigkeiten beschränkt, sondern es komme auch eine weitere vertrags(zahn)ärztliche Tätigkeit in Betracht. Diese Form der beruflichen Betätigung sei nach geltendem Recht weder explizit ausgeschlossen, noch ergäbe sich ein derartiger Ausschluss im Wege der Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Vertragsarztrechts.
Eine vertrags(zahn)ärztliche Tätigkeit, die aufgrund einer weiteren Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag ausgeübt werde, stelle keine Tätigkeit im Sinne des § 20 der Zulassungsverordnung dar, die eine Nichteignung des Vertrags(zahn)arztes begründen würde. Vor allem stehe nicht der Aspekt im Wege, wonach ein Beschäftigungsverhältnis oder eine andere, nicht ehrenamtliche Tätigkeit, der Eignung für die Ausübung der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit entgegen stehe, wenn der (Zahn)Arzt unter Berücksichtigung der Dauer und zeitlichen Lage der anderweitigen Tätigkeit den Versicherten nicht in dem seinem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung stehe und insbesondere nicht in der Lage sei, Sprechstunden zu den üblichen Zeiten anzubieten. Ein hälftiger Versorgungsauftrag lasse bereits nach dem Wortlaut Raum für eine andere Hälfte und ermögliche damit auch eine zur vertragsärztlichen Tätigkeit gleichgewichtige Zweitbeschäftigung. Es sei auch für einen halben Versorgungsauftrag nicht zu fordern, dass von der weiteren Erwerbstätigkeit keine prägende Wirkung für den beruflichen Status ausgehen dürfe; bei einer Halbierung des Versorgungsauftrages und damit notwendiger Reduzierung des Einkommens des Vertragsarztes müsse die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr als Hauptberuf ausgeübt werden.
Auch stehe der Erteilung der zweiten Zulassung weder das „Wesen“ der Zulassung entgegen, noch Gründe des Gesetzgebers, noch der Umstand, dass die zweite Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag dazu führe, dass ein Vertrags(zahn)arzt an einem weiteren Vertragsarztsitz tätig werde. Auch der von Klägerseite angeführte Umstand, dass weder im Gesetz noch in den Zulassungsverordnungen Umsetzungsvorschriften für den Fall zweier Zulassungen mit hälftigem Versorgungsauftrag enthalten seien, sei nicht von solchem Gewicht, dass dies eine weitere Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag ausschließen würde. Dies gilt auch für den Fall zweiter Zulassungen mit hälftigem Versorgungsauftrag in den Bezirken zweiter Kassen(zahn)ärztlicher Vereinigungen.
Sicherzustellen sei allerdings, dass eine zweite Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung nicht beeinträchtige. Hierzu führt das Bundessozialgericht aus, dass eine (zahn)ärztliche Praxis; in den Zeiten, in denen kein Notfalldienst eingerichtet sei, grundsätzlich für die Versorgung der Versicherten erreichbar sein müsse und nicht nur Sprechstunden an einzelnen Wochentagen anbieten dürfe. Im entschiedenen Fall ergaben sich aus dieser Forderung keine Probleme, weil der in Rede stehende Vertrags(zahn)arzt an beiden Praxen an jedem Wochentag entweder am Vormittag oder am Nachmittag Sprechstunden anbot und die Praxen nicht so weit voneinander entfernt lagen, dass der (Zahn)Arzt die angegebenen Sprechstunden nicht einhalten könnte.
Rechtsanwältin Susanne Locher-Weiß, Reutlingen
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