GESUNDHEITSPOLITISCHE NOTIZEN
Bund: Aufholprogram für Kinder und Jugendliche
Das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche für die Jahre 2021 und 2022“ ist Thema der Antwort der Bundesregierung (19/31398) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/30860). Die Bundesregierung hat die gemeinsam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verantworteten Maßnahmen für das „Aufholprogramm“ in Höhe von zwei Milliarden Euro beschlossen. Unter Nutzung bereits vorhandener Strukturen sollen Angebote geschaffen werden, die schnell bei den Kindern, Jugendlichen und Familien ankommen. Deshalb erhielten die für den schulischen Bildungsbereich zuständigen Länder im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung eine Milliarde Euro, um pandemie-bedingte Lernrückstände durch zusätzliche Förderangebote für Schüler aufzuholen. Damit sollten sie schulformunabhängig und trägerneutral Sommercamps und Lernwerkstätten in den Sommerferien durchführen sowie mit Beginn des neuen Schuljahres unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen in den Kernfächern. Neben diesen strukturellen Maßnahmen wurde im Rahmen des Aktionsprogramms unter anderem beschlossen, den Zugang zur Bildungs- und Teilhabeleistungen „Lernförderung“ zu erleichtern, indem hierfür in bestimmten Rechtskreisen befristet auf einen gesonderten Antrag verzichtet wird.
Weitere Informationen: www.bundestag.de
Quelle: Blätter der Wohlfahrtspflege, Jg. 168, Heft 5/2021
Der Paritätische Armutsbericht 2021: "Armut in der Pandemie."
Laut aktuellem Paritätischen Armutsbericht hat die Armutsquote in Deutschland mit 16,1 Prozent (rechnerisch 13,4 Millionen Menschen) im Pandemie-Jahr 2020 einen neuen Höchststand erreicht. Auch wenn das Ausmaß der Armut nicht proportional zum Wirtschaftseinbruch und dem damit verbundenen Beschäftigungsabbau zunahm, gibt es eindeutige Corona-Verlierer: So sind es laut der Studie des Wohlfahrtsverbandes vor allem die Selbstständigen, unter denen die Einkommensarmut zugenommen hat. Der Verband wirft der Politik armutspolitische Versäumnisse vor und appelliert an die neue Bundesregierung, nicht nur die im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen wie Kindergrundsicherung oder Verbesserungen bei Wohngeld und BAFöG zügig und entschlossen anzugehen: Zwingend, so die Forderung, sei darüber hinaus insbesondere eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung.
Quelle und weitere Informationen finden Sie hier.
Projekte mit Inklusionsbezug in der Entwicklungspolitik
Die Bundesregierung gibt in einer Antwort (19/30892) auf eine Kleine Anfrage (19/30033) der FDP-Fraktion an, dass sich die Zahl der von der Bundesregierung geförderten Projekte mit Inklusionsbezug in der deutschen Entwicklungspolitik seit 2013 erhöht hat. Die Corona-Pandemie habe den Zugang von Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern zu medizinischer Grundversorgung allerdings erschwert. Jedoch lägen hierzu bislang keine systematischen Erkenntnisse oder Erhebungen vor. Bei der Weltgesundheitsversammlung (WHA, 24. Mai bis 1. Juni 2021) der WHO habe die Bundesregierung gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedsstaaten eine Resolution zum inklusiven Zugang zu Gesundheitssystemen für Menschen mit Behinderungen mit eingebracht.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Quelle: Blätter der Wohlfahrtspflege, Jg. 168, Heft 5/2021
Gewaltschutz in Einrichtungen der Behindertenhilfe: Expert*innenkommission legt Abschlussbericht vor
Die Expert*innenkommission "Herausforderndes Verhalten und Gewaltschutz in Einrichtungen der Behindertenhilfe" wurde eingerichtet, nachdem die Ermittlungen zu freiheitsentziehenden und freiheitsbeschränkenden Maßnahmen in den Einrichtungen der Diakonischen Stiftung Wittekindshof bekannt wurden. Der Kommission wurde die Aufgabe übertragen, grundsätzliche systmische Risiken zu identifizieren, die Gewaltanwendung begünstigen. Sie sollte Vorschläge entwickeln, wie der Schutz vor Gewalt verbessert und Unterstützungsstrukturen der Eingliederungshilfe weiterentwickelt werden können.
Hier finden Sie den Abschlussbericht.
Zahl der Tabaknutzer*innen sinkt
Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 16. November 2021 in Genf berichtete, sinkt die Zahl der Tabaknutzer*innen trotz Anstiegs der Weltbevölkerung kontinuierlich. Der Trend scheint sich fortzusetzen. Unter den 15- bis 24-Jährigen sei der Anteil der Tabaknutzer*innen zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2020 von 20,8% auf 14,2% gefallen. 2025 seien es vermutlich nur noch 13%. Im vergangenen Jahr gab es nach dem WHO Trendreport 1,3 Milliarden Tabaknutzer*innen ab 15 Jahren weltweit. Fünf Jahre zuvor waren es 1,32 Milliarden. Im gleichen Zeitraum wuchs die Weltbevölkerung von etwa 7,3 auf 7,8 Milliarden. Die WHO rechnet mit einem Rückgang auf 1,27 Milliarden Tabaknutzer*innen im Jahr 2025. Sie schätzt den Anteil der Tabaknutzer*innen an der Weltbevölkerung ab 15 Jahren 2020 auf 22,3%. In Deutschland sind es nach WHO-Angaben 19,6%.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Quelle: Pressemeldung der WHO vom 16. November 2021
Pandemie belastet Kinderseelen
In der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach psychotherapeutischen Leistungen für Kinder und Jugendliche gestiegen. Nach Angaben des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) erhöhte sie sich im ersten Halbjahr dieses Jahres um acht Prozent gegenüber der vorpandemischen Vergleichsperiode der ersten sechs Monate 2019. Im Juni lagen die Fallzahlen hier sogar 37 % über denen von Juni 2019. „die starke Zunahme bei der kinder- und jugendpsychotherapeutischen Versorgung gibt Anlass zur Besorgnis“, kommentierte der ZI-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Lange Zeit habe der Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit auf den schwer erkrankten Covid-19-Patient*innen sowie den vulnerablen Gruppen gelegen. „Die offenbar pandemiebedingten massiven psychischen Belastungen der unter 18-Jährigen machen sich jetzt zunehmend in der ambulanten Versorgung bemerkbar“, sagte von Stillfried. Auch bei den Kinder- und Jugendärzt*innen zeigten sich zum Ende des zweiten Quartals mit einem Plus von 39,6 % starke Nachholeffekte. Insgesamt blieben die Fallzahlen in der pädiatrischen Versorgung jedoch um 13,2 % hinter denen des ersten Halbjahres 2019 zurück.
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Quelle: G+G, Ausgabe 11/2021, 24. Jg.
DAIG fordert HIV-Präventionsangebote aufrecht zu erhalten
Anlässlich des Welt-AIDS-Tages weist die Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG) darauf hin, dass in Deutschland immer noch zu viele HIV-Infektionen spät diagnostiziert werden. Obwohl die Zahl der HIV-Neuinfektionen über die letzten Jahre erfreulicherweise rückläufig ist, bleibt der Anteil der Menschen, die beim ersten positiven HIV-Test bereits einen fortgeschrittenen Immundefekt aufweisen, unverändert hoch. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) lag er im Jahr 2020 bei 35% der insgesamt 2.600 HIV-Erstdiagnosen. In 18% der Fälle wurde die HIV-Diagnose sogar erst im Stadium AIDS gestellt. In der gegenwärtigen COVID-Pandemie besteht zusätzlich die Gefahr, dass HIV-Testangebote nicht wahrgenommen werden und damit das Risiko unerkannter bzw. später Diagnosen steigt. Die DAIG fordert deshalb, auch in der aktuellen Situation HIV-Präventionsangebote in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.
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Quelle: Highlights, KW 48, 6. Dezember 2021
Publikation in Leichter Sprache: Die Rechte von älteren Menschen mit Behinderungen
Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIM) hat eine Publikation in Leichter Sprache mit dem Titel „Die Rechte von älteren Menschen mit Behinderungen" veröffentlicht. In dem Text geht es um ältere Menschen mit Behinderungen. Hier steht die Broschüre als PDF zum Download bereit.
Landesanstalt für Medien NRW veröffentlicht repräsentative Zahlen zur Erfahrung von Kindern zwischen 8 und 18 Jahren mit sexualisierter Ansprache im Netz
Danach sollen ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen bereits im Netz von Erwachsenen zu einer Verabredung aufgefordert worden sein. Das zeigt eine repräsentative Befragung von Kindern und Jugendlichen, die die Landesanstalt für Medien NRW in Auftrag gegeben hat. Jedes sechste Kind bzw. jeder sechste Jugendliche (16 %) gibt an, dass ihm bereits von einem erwachsenen Onlinekontakt eine Gegenleistung für ein Video oder Foto versprochen wurde. Jedes siebte Kind bzw. jede siebte Jugendliche (14 %) wurde aufgefordert, sich für einen Erwachsenen vor der Webcam auszuziehen oder die Kamera seines Smartphones anzuschalten. 15 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen geben außerdem an, ungefragt Nacktbilder zugesandt bekommen zu haben – und das sind nur einige der Szenarien, die in der Befragung beschrieben und abgefragt wurden. Weitere Informationen finden Sie hier.
Dritter Teilhabeverfahrensbericht veröffentlicht
Wie lange dauert es im Schnitt, bis ein Antrag auf Teilhabe bewilligt wird? Wie häufig muss Widerspruch gegen einen Bescheid eingelegt werden, wie häufig wird geklagt? Wie viele Persönliche Budgets werden bewilligt? Antworten auf diese und weitere Fragen finden sich in den Teilhabeverfahrensberichten, die von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) seit 2018 für jedes Jahr veröffentlicht werden. Dem Bericht ist unter anderem zu entnehmen:
- Die Zahl der Anträge auf eine Leistung zur Rehabilitation und Teilhabe ist im Vergleich zum Vorjahr um 14,7% zurückgegangen.
- Die durchschnittliche Dauer der Bearbeitung eines Antrags (Eingang bis Entscheidung über Antrag) betrug 21,7 Tage.
- Die zweiwöchige Frist, in denen ein Rehabilitationsträger feststellen muss, ob er für einen spezifichen Antrag zuständig ist, wurde 2020 im Durchschnitt bei 14,1% aller Zuständigkeitsfeststellungen überschritten. Damit ist der Anteil der Fristüberschreitungen im Vergleicht zum Vorjahr um 1,52 Prozentpunkte gesunken.
- Im Jahr 2020 fanden 4636 trägerübergreifende Teilhabeplanungen und 899 Teilhabeplankonferenzen statt. Insgesamt lag die Zahl der Anträge bei 2,8 Mio.
- 2020 wurden 6911 Persönliche Budgets beantragt, bewilligt wurden 6821 Persönliche Budgets. Es wurden 832 trägerübergreifende Persönliche Budgets bewilligt.
- 50 % der Widersprüche gegen Leistungsbescheidungen wurden zugunsten der/des Leistungsbereichtigten entschieden. Im Fall einer Klage wurde zu 32,7 Prozent zugunsten der/des Leistungsberechtigen entschieden.
Den Teilhabebericht finden Sie hier.
Digitaler Fachtag: Gewalt. Macht. Frauen. Seele. Krank.
Am 03. September 2021 fand der digitale Fachtag zur psychischen Gesundheit von gewaltbetroffenen Frauen statt: GEWALT. MACHT. FRAUEN. SEELE. KRANK. Dazu eingeladen waren politische und fachliche Entscheidungsträger*innen, Fachleute aus der Gesundheitsversorgung und aus dem Gewaltschutzbereich. Im Fokus stand auch den Frauen mit psychischen Belastungen aufgrund von Gewalterfahrungen selbst eine Plattform zu geben. Ziel des Fachtages war es über existierende Maßnahmen und Konzepte sowie den Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention zu diskutieren und weiteren Handlungsbedarf zu formulieren. Die Istanbul-Konvention verpflichtet Deutschland zu spezialisierten Hilfsdiensten (Art. 22).
Hinter dem Fachtag steht der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V. In Kooperation mit dem Müttergenesungswerk, dem Evangelischen Fachverband für Frauengesundheit e. V. und der Diakonie Deutschland organisierte er den Fachtag zur psychischen Gesundheit gewaltbetroffener Frauen. Weitere Informationen, Folien, Vorträge und vor allem das Abschlussstatement finden Sie auf der Website des Arbeitskreis Frauengesundheit
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