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Zwangsbehandlung

DGVT-BV als sachkundiger Dritter beim Bundesverfassungsgericht zur mündlichen Verhandlung von ärztlichen Zwangsmaßnahmen

26. Juli 2024

Am 16. Juli 2024 verhandelte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Frage, ob medizinische Behandlungen gegen den Willen der Patient*innen wie bisher ausschließlich in einem Krankenhaus durchgeführt werden müssen oder ob auch die Option ambulanter Zwangsbehandlungen ermöglicht werden sollte. Der DGVT-Berufsverband (DGVT-BV) nahm als sogenannter sachverständiger Dritter an der mündlichen Verhandlung teil und äußerte seine Bedenken und Empfehlungen zu dieser Thematik.

 

Position des DGVT-BV
Eine Freigabe der ambulanten Zwangsbehandlung birgt aus Sicht des DGVT-BV das Risiko einer verringerten Hemmschwelle für die Durchführung eben jener Maßnahmen. Personal- und Zeitmangel sowie Überlastung und Überforderung können diese zuätzlich weiter herabsetzen. 
Zusätzlich könnte eine leichter verfügbare Zwangsbehandlung auch den Zugang zu wichtigen alternativen Behandlungsangeboten wie zum Beispiel Psychotherapie oder anderen präventiven und weniger invasiven Behandlungsmethoden erschweren.
Für die Patient*innen besteht zudem das Risiko, dass durch medikamentöse Zwangsmaßnahmen im eigenen Wohnumfeld das Vertrauen in das Einrichtungspersonal erheblich geschwächt und das eigene Zuhause, eigentlich ein Ort der Sicherheit, zu einem Angstraum werden könnte. Dies hätte nicht nur potentiell negative Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden der Patient*innen, sondern könnte auch die Bereitschaft zur Kooperation und Akzeptanz weiterer notwendiger Behandlungen erheblich vermindern.
Gleichzeitig erkennt der DGVT-BV jedoch auch an, dass es begrenzte Fälle geben kann, in denen eine ambulante Zwangsmedikation sinnvoll erscheint. Insbesondere dann, wenn durch eine stationäre Einweisung größerer körperlicher oder psychischer Schaden zu befürchten ist. Dies gilt beispielsweise bei bestehenden schwerwiegenden körperlichen Erkrankungen oder bei vorangeschrittener Demenz, bei denen eine Verlegung ins Krankenhaus zusätzliche Risiken bergen könnte.


Stellungnahme und Ausblick
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim Bundesverfassungsgericht betonte der DGVT-Berufsverband die Notwendigkeit, fundierte Strukturen für die Umsetzung einer ambulanten Zwangsmedikation zu schaffen, falls diese zulässig werden sollte. Es bedarf klarer Regelungen und umfassender Schutzmechanismen, um Missbrauch zu verhindern und das Wohl der Patient*innen zu gewährleisten.
Der DGVT-Berufsverband setzt sich weiterhin für die Rechte und das Wohl von betreuten Personen ein und wird die weiteren Entwicklungen aufmerksam verfolgen und aktiv mitgestalten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird mit Spannung erwartet.