Skip to main content
 
Publikationen  • Aktuell  • Stellungnahmen 2020  • FG Psychosoziale Versorgung  • VPP 1/2021

Die Ausschreibung für das Forschungszentrum für seelische Gesundheit erfüllt nicht die aktuellen Erkenntnisse in der Psychiatrie

05. November 2020

Die DGVT-Fachgruppe Psychosoziale Versorgung wendet sich mit einem Brief an Ministerin Karliczek und weist damit auf bedenkenswerte Punkte in der Ausschreibung für die beiden neuen Forschungszentren für Seelische Gesundheit und für Kinder- und Jugendgesundheit hin. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat im Frühjahr d.J. diese Ausschreibungen veröffentlicht. Mittlerweile liegt der DGVT ein Antwortschreiben des BMBF vor.

 

So erfüllen nach Auffassung der DGVT-Fachgruppe die Ausschreibung für das Forschungszentrum für seelische Gesundheit nicht die aktuellen Erkenntnisse in der Psychiatrie. Der trialogische Prozess bleibt unbeachtet, die Partizipation von Menschen mit einer psychischen Erkrankung werden auf einen möglichen Beirat reduziert. Diese Partizipationsregelung findet sich wortidentisch in der Ausschreibung für das Forschungszentrum für Kinder- und Jugendgesundheit wieder, obwohl hier andere Voraussetzungen gegeben sind. Die Jugendhilfe wird nicht als spezifischer Kooperationspartner benannt. Auch die BzGA oder das NZFH bleiben außen vor. Details können Sie dem beigefügten Brief an Frau Bundesministerin Karliczek entnehmen. Die DGVT-Fachgruppe hat das Schreiben auch an das BMG und das BMFSFJ sowie weiteren Akteuren des Gesundheitswesens weitergeleitet.

Im Antwortschreiben wird dazu erklärt, dass "die Einbindung von Patientinnen und Patienten bzw. deren Vertretungen (…) auch weiterhin an geeigneten Stellen des Verfahrens erfolgen" wird. Aus Sicht der Fachgruppe bestätigt das Antwortschreiben die Kritik, denn es bleibt offen, wer die Entscheidung trifft, welche Stellen des Verfahrens geeignet sind, die „Patientinnen und Patienten bzw. deren Vertretungen“ einzubinden. Die Idee des trialogischen Prinzips ist es aber, die Menschen, die psychisch erkrankt sind, und deren Angehörigen gleichberechtigt zu behandeln. Wenn aber die Forschenden entscheiden können, wann die anderen Beteiligten eingebunden werden, dann entsteht ein Vorrang- und Nachrangverhältnis, das das trialogische Prinzip überwinden will.

Die Auffassung des Forschungsministeriums, dass Volkskrankheiten vorrangig durch medizinische Grundlagenforschung bekämpft werden können, überrascht in einer Zeit, in der die Gesellschaft lernt, durch zahlreiche nicht-medizinische Maßnahmen wie Abstand halten, Mund-Nase-Maske tragen die Ausbereitung eines Virus zu verlangsamen. Medizinische Grundlagenforschung ist notwendig und wichtig, doch andere wie die im Brief genannten klinische Forschung, Präventions- und Versorgungsforschung sind mehr als Hilfswissenschaften der medizinischen Grundlagenforschung, die „nur“ helfen, Forschungsergebnisse „in Anwendung zu bringen“. Wer gute Behandlungs- und Präventionsstrategien zum Beispiel für die „neuen Kinderkrankheiten“ (vgl. 13. Kinder- und Jugendbericht zum gesunden Aufwachsen oder die Studien des Robert-Koch-Institutes zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland) entwickeln will, braucht zwingend Erkenntnisse insbesondere aus der klinisch-psychologischen Forschung, der Präventions- und Versorgungsforschung, aber auch der Sozialen Arbeit und der Pflegewissenschaft. Deshalb ist die DGVT weiterhin der Meinung, dass Akteur*innen wie das DJI, die BzGA oder das NZFH Kooperationspartner*innen für die geplanten Forschungszentren sein müssen.

Brief an Bundesministerin Karliczek: Link

Antwortschreiben des BMBF: Link

Richtlinie zur Förderung der Konzeptentwicklung zum Aufbau eines Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit: Link

Richtlinie zur Förderung der Konzeptentwicklung zum Aufbau eines Deutschen Zentrums für Kinder- und Jugendgesundheit: Link